Interview mit Majo de Saedeleer
Direktorin der Stichting Lezen, Belgien
23.9.2008

Majo de Saedeleer
Gibt es offizielle Bildungsziele für die Leseförderung in Ihrem Land?
Alle Angelegenheiten der Leseförderung werden von der Stichting Lezen betreut. Das Kultusministerium hat die Aufgaben der Stichting Lezen definiert, als diese ins Leben gerufen wurde (in Anlehnung an die niederländische Stichting Lezen). Die aktuelle Strategie beinhaltet, dass bestimmten Zielgruppen besondere Aufmerksamkeit gilt: Menschen mit Behinderungen, junge Familien, Strafgefangene, soziale Gruppen mit niedrigem Einkommen, etc. Natürlich betrifft dies nicht nur das Lesen, sondern auch die Teilhabe an allen kulturellen Angelegenheiten.
Ist die Leseförderung hauptsächlich ein Bestandteil des Erstsprachenunterrichts, oder gibt es bei Ihnen spezifischen Unterricht zur Leseförderung?
Die Leseförderung ist in der Hauptsache eine Angelegenheit des allgemein sprachlichen Unterrichts. In der Lehrerbildung wird diesem Aspekt nur wenig Beachtung geschenkt. Aber, wie Sie wissen: Stichting Lezen wird vom Kultusministerium gefördert (nicht vom Bildungsministerium) und unsere Projekte werden nicht nur in Schulen durchgeführt. Die Kinderjury ist eines unserer ältesten Projekte: es wird nicht in Schulen, sondern in enger Zusammenarbeit mit öffentlichen Büchereien durchgeführt. Im Projekt "Buchbabys" ("Boekbaby`s") ist die Sozialfürsorge mit ihren Gesundheitszentren für Babys und Kleinstkinder einer unserer wichtigsten Partner. Die Vorlesewoche wird in Tagespflegeeinrichtungen durchgeführt.
Haben Sie Erfahrungen mit der Leseförderung bei Kindern aus einkommensschwachen Familien? Was für Maßnahmen empfehlen Sie?
Wir haben ein Projekt durchgeführt, in dessen Rahmen Lehramtsstudierende in Familien nichteuropäischer Herkunft vorlesen. Wir sind jedoch davon überzeugt, dass Familien mit niedrigerem Einkommen nicht durch speziell für sie konzipierte Projekte stigmatisiert werden sollten. Ein Beispiel für unsere Philosophie ist das Fahrenheit-451–Projekt, das in technischen und berufsbildenden Schulen stattfindet. Mehr als 60% der jungen Menschen an diesen Schulen (15 Jahre und älter) stammen nicht aus europäischen Familien. Wir entwickeln keine Programme speziell für junge Migranten. Wir setzen ein Programm auf für die Schülerinnen und Schüler eines spezifischen Schultyps, weil wir denken, dass diese jungen Leute mehr gemeinsam haben mit ihrer Peer Group in diesem Bildungszweig als mit anderen Schülerinnen und Schülern nichteuropäischer Herkunft, die Schulen mit einem intellektuelleren Profil besuchen.
Könnten Sie bitte den Schwerpunkt der Aktivitäten Ihrer Organisation erläutern?
Stichting Lezen ist die Kontaktstelle der Regierung zur Leseförderung. Die Organisation möchte die Bedingungen der Leseförderung verbessern und führt zu diesem Zweck Kampagnen für Kinder und Erwachsene durch. Wir organisieren diese Veranstaltungen in enger Zusammenarbeit mit Akteuren aus öffentlichen Bibliotheken, dem Verlagswesen, Medien und dem breiten kulturellen Spektrum. Darüber hinaus fördern wir die Forschung im Bereich des Lesens und pflegen internationale Kontakte.
Welche Maßnahmen, die in Ihrem Land von Organisationen zur Förderung der Lesekompetenz durchgeführt werden, halten Sie für besonders effektiv?
Wir sind fest vom Erfolg all unserer Kampagnen überzeugt. Wir versuchen, die Vielfalt der Einstellungen zum Lesen abzubilden. Wo sind die überzeugten Leser, denen wir neue Titel zugänglich machen müssen und denen wir die Gelegenheit bieten müssen, sich untereinander über ihre Leseerfahrungen auszutauschen? (z.B. über Kinderjury, "Iedereen Leest"). Wo sind die zögerlichen oder widerstrebenden Leser, die wir über Medienkampagnen, Abstimmungen, Geschenke gewinnen müssen? (Beispielhaft sind "Die besten Kinderbücher aller Zeiten", "Leesplekken"...). Mit wessen Hilfe können wir junge Eltern davon überzeugen, dass sie ihren Kindern einen Vorsprung im Leben und im Hinblick auf ihre emotionalen Beziehungen verschaffen, wenn sie ihnen vorlesen? Bisher haben wir noch kein Projekt gefunden, das wahre Wunder bewirkt. Jede Gruppe verlangt nach einem eigenen Ansatz. Und die Leseförderer müssen geeignete Partner finden.
Interview: Andrea Steinbrecher, Stiftung Lesen
Übersetzung: Dr. Gwendolyn Schulte, DIPF
Alle Angelegenheiten der Leseförderung werden von der Stichting Lezen betreut. Das Kultusministerium hat die Aufgaben der Stichting Lezen definiert, als diese ins Leben gerufen wurde (in Anlehnung an die niederländische Stichting Lezen). Die aktuelle Strategie beinhaltet, dass bestimmten Zielgruppen besondere Aufmerksamkeit gilt: Menschen mit Behinderungen, junge Familien, Strafgefangene, soziale Gruppen mit niedrigem Einkommen, etc. Natürlich betrifft dies nicht nur das Lesen, sondern auch die Teilhabe an allen kulturellen Angelegenheiten.
Ist die Leseförderung hauptsächlich ein Bestandteil des Erstsprachenunterrichts, oder gibt es bei Ihnen spezifischen Unterricht zur Leseförderung?
Die Leseförderung ist in der Hauptsache eine Angelegenheit des allgemein sprachlichen Unterrichts. In der Lehrerbildung wird diesem Aspekt nur wenig Beachtung geschenkt. Aber, wie Sie wissen: Stichting Lezen wird vom Kultusministerium gefördert (nicht vom Bildungsministerium) und unsere Projekte werden nicht nur in Schulen durchgeführt. Die Kinderjury ist eines unserer ältesten Projekte: es wird nicht in Schulen, sondern in enger Zusammenarbeit mit öffentlichen Büchereien durchgeführt. Im Projekt "Buchbabys" ("Boekbaby`s") ist die Sozialfürsorge mit ihren Gesundheitszentren für Babys und Kleinstkinder einer unserer wichtigsten Partner. Die Vorlesewoche wird in Tagespflegeeinrichtungen durchgeführt.
Haben Sie Erfahrungen mit der Leseförderung bei Kindern aus einkommensschwachen Familien? Was für Maßnahmen empfehlen Sie?
Wir haben ein Projekt durchgeführt, in dessen Rahmen Lehramtsstudierende in Familien nichteuropäischer Herkunft vorlesen. Wir sind jedoch davon überzeugt, dass Familien mit niedrigerem Einkommen nicht durch speziell für sie konzipierte Projekte stigmatisiert werden sollten. Ein Beispiel für unsere Philosophie ist das Fahrenheit-451–Projekt, das in technischen und berufsbildenden Schulen stattfindet. Mehr als 60% der jungen Menschen an diesen Schulen (15 Jahre und älter) stammen nicht aus europäischen Familien. Wir entwickeln keine Programme speziell für junge Migranten. Wir setzen ein Programm auf für die Schülerinnen und Schüler eines spezifischen Schultyps, weil wir denken, dass diese jungen Leute mehr gemeinsam haben mit ihrer Peer Group in diesem Bildungszweig als mit anderen Schülerinnen und Schülern nichteuropäischer Herkunft, die Schulen mit einem intellektuelleren Profil besuchen.
Könnten Sie bitte den Schwerpunkt der Aktivitäten Ihrer Organisation erläutern?
Stichting Lezen ist die Kontaktstelle der Regierung zur Leseförderung. Die Organisation möchte die Bedingungen der Leseförderung verbessern und führt zu diesem Zweck Kampagnen für Kinder und Erwachsene durch. Wir organisieren diese Veranstaltungen in enger Zusammenarbeit mit Akteuren aus öffentlichen Bibliotheken, dem Verlagswesen, Medien und dem breiten kulturellen Spektrum. Darüber hinaus fördern wir die Forschung im Bereich des Lesens und pflegen internationale Kontakte.
Welche Maßnahmen, die in Ihrem Land von Organisationen zur Förderung der Lesekompetenz durchgeführt werden, halten Sie für besonders effektiv?
Wir sind fest vom Erfolg all unserer Kampagnen überzeugt. Wir versuchen, die Vielfalt der Einstellungen zum Lesen abzubilden. Wo sind die überzeugten Leser, denen wir neue Titel zugänglich machen müssen und denen wir die Gelegenheit bieten müssen, sich untereinander über ihre Leseerfahrungen auszutauschen? (z.B. über Kinderjury, "Iedereen Leest"). Wo sind die zögerlichen oder widerstrebenden Leser, die wir über Medienkampagnen, Abstimmungen, Geschenke gewinnen müssen? (Beispielhaft sind "Die besten Kinderbücher aller Zeiten", "Leesplekken"...). Mit wessen Hilfe können wir junge Eltern davon überzeugen, dass sie ihren Kindern einen Vorsprung im Leben und im Hinblick auf ihre emotionalen Beziehungen verschaffen, wenn sie ihnen vorlesen? Bisher haben wir noch kein Projekt gefunden, das wahre Wunder bewirkt. Jede Gruppe verlangt nach einem eigenen Ansatz. Und die Leseförderer müssen geeignete Partner finden.
Interview: Andrea Steinbrecher, Stiftung Lesen
Übersetzung: Dr. Gwendolyn Schulte, DIPF